Erfahrungsbericht 1

Freitag, den 20. Mai 2011 um 09:03 Uhr Administrator
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Erfahrungsbericht über den Probeunterricht
an zwei Pekinger Universitäten

 

Während der Osterferien hatten wir die Chance nach Peking zu fliegen, um dort an zwei Universitäten angehende Erzieherinnen zu unterrichten. Trotz umfangreicher Planung und Vorbereitung  waren wir sehr gespannt, was uns erwarten würde. Es sollten jeweils an zwei Tagen Workshops zum Thema „Kreativität – Freie Arbeitstechniken“ stattfinden, die mit kooperativen Lernmethoden umgesetzt werden sollten. Wie würden die chinesischen StudentInnen auf unsere Lernmethoden und Inhalte reagieren? Würden Sie sich auf unsere Fragen einlassen?  Würde die Übersetzung den Fluss der Diskussionen und Beiträge hemmen? Diese Fragen kamen auf, da uns die chinesische Mentalität  bis dahin nur aus den Medien bekannt war. Auch unsere chinesische Übersetzerin gab zu bedenken, dass unsere freien Ansätze eventuell auf Zurückhaltung stoßen könnten und wir nicht zu viel erwarten sollten. Die Realität sah jedoch ganz anders aus.

Nach einem herzlichen Empfang an der Beijing City University konnten wir direkt feststellen, dass die StudentInnen offen auf unsere Vorstellungsrunde reagierten, indem sie sehr frei ihre Erwartungen und Wünsche an den Workshop formulierten. Sie ließen sich intensiv auf unsere Methoden ein, was zu einem regen Austausch und Diskussionen führte. Wir hatten im Vorfeld die Arbeitsaufträge und ein Handout übersetzen lassen, so dass die unterschiedlichen Sprachen kein Hindernis darstellten und die Übersetzungsphasen den Unterrichtsverlauf nicht negativ beeinflussten.


Die Ausbildung der Erzieherinnen findet in Klassen mit 40 und mehr StudentInnen statt und ist überwiegend als Frontalunterricht angelegt.  Der Kunstunterricht zielt auf das Herstellen von akkuraten und identischen Ergebnissen ab, während bei dem von uns vorgestellten Methoden der Zufall und der Prozess des Tuns im Vordergrund standen. Jedes Arbeitsergebnis ist somit Zeugnis individueller Kreativität, was von den Schülern reflektiert und als neue Erfahrung begeistert angenommen wurde.


Unser Konzept beinhaltete außerdem Übungen zur ganzheitlichen Wahrnehmung. Erfühlte Gegenstände sollten von einer Studentin beschrieben werden, während die anderen diese zeichneten. Außerdem ging es bei der Frottage-Technik um Sichtbarmachen und Erfühlen von Oberflächen und Strukturen.

Den Höhepunkt des Workshops bildete das Herstellen von „schnellen“ Verkleidungen aus Alltagsmaterialien (Maler- und Alufolien sowie Kartons) und die anschließende Präsentation auf dem Campus. Hier stand neben der Körperwahrnehmung das Auftreten im öffentlichen Raum im Vordergrund, was für die StudentInnen ein absolutes Novum war und von ihnen sehr genossen wurde.

Die prägendste Erfahrung war für uns zu beobachten, wie motiviert und begeistert die StudentInnen unser Konzept umsetzten und sich ganz auf den Workshop einlassen konnten.

Auffallend war die gute Vorbildung und Fachkenntnis, was die Phasen der Reflexion und Diskussionen für uns sehr interessant machten. Die StudentInnen konnten schnell einen Bezug zur Praxis herstellen und diskutierten weitergehende Fragestellungen.

Den Abschluss bildeten jeweils Diskussionen mit DozentInnen, Kinder-gartenleiterinnen und Lehrerinnen, die zu den Workshops eingeladen waren.

Für uns war es beeindruckend zu sehen, dass die Anwendung unserer Lernmethoden in einer chinesischen Lerngruppe zu einem sehr lebendigem Unterrichtsverlauf führte und freuen uns, dass wir diese Erfahrung machen durften.

Gabi Bosch-Reinhold und Nina Winnersbach